Eine Gebäudefassade ist für uns wie ein unbeschriebenes Notenblatt. Wir machen sie zur Partitur für ein musikalisches Meisterwerk und fragen uns: Was sind die Leitmotive? Welches sind die Grundakkorde für eine Lichtkomposition auf einer Außenarchitektur?
C. Eine Lichtsinfonie
Der Abend bricht an. In der norwegischen Stadt Bergen schalten sich die Lichter des geschichtsträchtigen Börsengebäudes ein. Wir schlüpfen in die Rolle der Passanten, die all abendlich über den Vorplatz der Börse flanieren und ihren Blick über das Bauwerk schweifen lassen.
Und siehe da, die Gebäudefassade ist keineswegs einheitlich beleuchtet! Das Licht variiert je nach Ebene und je nach angestrahlten architektonischen Elementen.
Die vier Halbpfeiler sind so akzentuiert, dass sie optisch besonders schön hervortreten und ihre strukturgebende Funktion betont wird.
Die beiden fensterreichen Seitenbauten hingegen liegen im Halbdunkel und werden somit durch eine raffinierte Beleuchtung in den Hintergrund gerückt, während im zentralen Gebäudeteil Eingangsportal, Bogenfenster mit modern anmutendem Gebälk und Giebel in den Vordergrund treten.
Das Licht schlägt einen Bogen zwischen den Hauptkomponenten der Fassade und betont das Rot des Sandsteins ebenso wie die beiden Säulen im ersten Stock und die drei Rundbögen. Augenscheinlich gleichen die Verbindungselemente im Zentrum denen der Seiten, allerdings sind sie optisch anders gewichtet.
Horizontal verlaufen zwei Gesimse, wobei der mächtigere obere Sims als Begrenzungslinie dient und dem Blick Einhalt gebietet.
Licht, Schatten und Zwischennuancen machen die Tiefenwirkung der Fassade aus.
D. Zusammenklänge mit Tiefe
Eine objektive Fassadenbetrachtung wie im ersten Abschnitt des Artikels ist ein gelungener Auftakt bei der Beleuchtungsplanung für die architektonische Außenhaut von Gebäuden.
Ein Verständnis der Anzahl und Beschaffenheit der verschiedenen Strukturebenen ist unverzichtbar, um eine hierarchische Ordnung aus Vordergrund und Hintergrund zu schaffen.
Die folgenden Überlegungen sollen zeigen, wie wir durch Licht mit den verschiedenen Ebenen eine Tiefenwirkung erzielen.
Für unsere Studie zu den „Lichtintervallen" haben wir gedanklich mit einem Gebäude im Stadtzentrum von Cittadella experimentiert. Wir haben bei Lichttests und Versuchen kräftig in die Tasten gehauen, um mehr über die beleuchtungsspezifische Wahrnehmung von Fassaden herauszufinden.
🎵 Wir haben uns dabei auf folgende Architekturelemente konzentriert: die vier Halbpfeiler, die drei Bögen im Erdgeschoss, den Portikus, das Gesims und das Giebeldreieck sowie das zentral darin angeordnete Rundfenster.
🎵 Der Großteil dieser Elemente befindet sich in der vorderen Ebene.
🎵 Die Bögen, der Portikus und die Innenfläche des Giebeldreiecks bleiben eher im Hintergrund, während das Gesims und die Kapitelle der Lisenen als auskragende Elemente in das Blickfeld treten.
Im ersten Szenarium hier unten haben wir lichttechnisch zurückhaltend agiert – mithilfe von Uplight-Einbauleuchten von 10W mit breitstrahlender Optik an den beiden Gebäudeecken, Einbau-Uplights mit diffuser Optik am Innenprofil der Bögen und weiteren Leuchten mit besonders engstrahlender und ausrichtbarer Optik an den Lisenen.
Ein solcher beleuchtungstechnischer Entwurf beschränkt sich gemeinhin auf die untere Gebäudeebene und durch die Akzentsetzung wird keine wirksame Verbindung der Ebenen untereinander geschaffen.
In der zweiten Mise-en-Scène haben wir beschlossen, auf zwei unterschiedliche Tiefenebenen zu setzen. Der Mittelbau wird durch und durch, vom Dach bis zum Boden, in Szene gesetzt, da die Beleuchtung unten am Giebelgesims ansetzt. Im Gegensatz dazu wurde an den seitlichen Gebäudeteilen explizit nur in der zweiten Ebene gearbeitet und der Portikus durch indirektes Licht beleuchtet.
In diesem zweiten Szenarium haben wir nicht nur die Leuchtenanordnung verändert, sondern auch einen anderen Leuchtentyp eingesetzt: Einbau-Linearprofile mit 11°-Optik (20W) am Fuße der Wandpfeiler.
Im Vergleich zur ersten Lichtszene wird bei dieser Lösung das Gebäudevolumen stärker respektiert. Und die beiden seitlichen Bögen, durch die das indirekte Licht des Portikus fällt, schaffen ein optimales visuelles Gleichgewicht zwischen Licht und Schatten. Dennoch sind wir noch nicht ganz zufrieden: Der zentrale Gebäudeteil erscheint ohne seine „Flügel" irgendwie „abgehackt“. Und auch der an der Unterseite des Giebeldreiecks verlaufende Sims bricht auf einmal ab.
Arrangieren wir die Noten noch einmal neu.
Die Linearprofile am Fuße der Halbpfeiler sind in diesem dritten Szenario mit einer elliptischen Optik ausgestattet, deren Lichtaustritt sich in Richtung der Seitenflügel des Gebäudes immer weiter öffnet, bis er schließlich die Gesimsenden erreicht. Die plastisch hervortretenden Komponenten werden ganzheitlich zur Geltung gebracht – genau so, wie wir es uns vorgestellt haben.
Was den nach hinten verlaufenden Gebäudeteil betrifft, opfern wir letztlich das indirekte Licht am Bogengang zu Gunsten von Akzentlicht, das auf das Innenprofil der beiden Seitenbögen gerichtet wird, wodurch wir diesen Bereich aus dem Dunkeln hervorholen. Derselbe Hauch von Licht zeichnet das Innenprofil des Rundfensters in der Mitte des Giebeldreiecks nach. So entsteht ein perfektes Zusammenspiel aller Gebäudeteile.
E. Im Rhythmus der Architektur
👉Anweisung 1: Den Takt erkennen, den die architektonischen Elemente der Fassade vorgeben. Den Rhythmus mit Licht betonen.
Diesmal wenden wir uns einem eher zeitgenössischen Bauwerk zu. Unser nächstes Fallbeispiel führt uns nach Porto.
Der Blickfang an dieser Fassade sind die schrägkantigen quadratischen Fensterlaibungen, die die großen Fenster der Hotelzimmer umrahmen. Um diesen architektonischen Kunstgriff hervorzuheben, ließen die verantwortlichen Lichtplaner Leuchten an den unteren Ecken installieren, wodurch sich das Licht sachte bis an die gegenüberliegende Fensterseite vorarbeitet und über die sanft auslaufenden Laibungen schließlich die Fassadenfläche erreicht.
Das Licht bringt die Architektur in ihrem Spiel mit vollen und leeren Flächen bestens zur Geltung, indem es den Rhythmus der Gebäudestruktur vorgibt: Unser Blick folgt dem Takt des Lichts, das einzig und allein auf die großen Fenster und Fenstersimse gelenkt wird.
Ein kleiner Exkurs: Bei modernen Gebäuden mit besonders minimalistischer Gestaltung stellen die Fenster häufig den einzigen wahren Blickfang an der Fassade dar oder sie sind das einzige Element, das Lichtplaner tatsächlich zur Geltung bringen wollen (und zwar durch „umgekehrte“ Beleuchtung).
Das bringt uns zur nächsten entscheidenden Frage: wie finden wir eigentlich heraus, welches Element zu betonen ist? Eine Antwort liefert das Fallbeispiel der Fassade der Firma Jakob Rope Systems, einem international anerkannten Hersteller und Anbieter von Drahtseilen und Seilnetzen.
Der Fassadenarchitektur gelingt ein echter Drahtseilakt, der dem Core Business des Unternehmens auch in ästhetischer Hinsicht Ausdruck verleiht. Die Beleuchtungsplanung der Fassade übernahm das Schweizer Lichtdesignstudio Sommerlatte & Sommerlatte, das zu Strahlern des Modells Lyss 1.0 mit 10°x180°-Optik griff, um die Eisenstreben zielgerichtet mit Streiflicht hervorzuheben.
👉 Anweisung 2: Den Rhythmus der Fassade über Beleuchtung bestimmen und dabei die architektonischen Elemente miteinbeziehen.
Die nächsten beiden Projekte machen deutlich, wie taktvoll eingesetzte Leuchten zum Wiedererkennungswert von Gebäuden beitragen.
Beim Flagship Store von Salvatore Ferragamo in Tokio kamen entlang der Fassade diffus abstrahlende Lichtbänderin verschiedenen Sonderlängen zum Einsatz, die einen optisch fließenden Übergang zwischen den einzelnen Gebäudeblöcken schaffen.
An der Fassade der Radisson Blu Hotel in Niamey wurden einzigartige Lichtakzente gesetzt: insgesamt 113 Strahler mit kleiner Bauform erzeugen an der hoch aufragenden Außenwand einen dynamischen Lichtrhythmus.
Eine Leuchtenart, die sich besonders gut für eine solch taktfeste Fassadengestaltung eignet, sind Außenwandleuchten mit einseitigem oder zweiseitigem Lichtaustritt, die über ihre oftmals engen Lichtkegel bzw. engstrahlende Lichtverteilung den geradlinigen Vertikalismus der Bauwerke sowie die Intervalle zwischen den einzelnen Elementen nachzeichnen.
Diese Lösung verdient auch hinsichtlich der optischen Wahrnehmung besondere Beachtung, denn sie sorgt für Leichtigkeit und eine „schlanke Linie".
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Und wenn der Rhythmus tatsächlich von der Gebäudefassade erklingen würde? Mit der Wandleuchte Intono kommen Licht und Musik an die Außenwand: eine smarte Klangleuchte mit einseitigem Lichtaustritt nach oben und Lautsprecher im unteren Teil. Mit Ihren eigenen Playlists schaffen Sie auch im Außenbereich von Bars oder Restaurants die passende Stimmung für entspannte Stunden.
Wir setzen noch einmal zu unserer Hymne an die Fassadenbeleuchtung an: in zwei Wochen folgt die Fortsetzung mit den nächsten vier Tönen.