15/04/2021

Interview mit Emeric Thiénot, Lumesens, Paris

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Der historische Standort des legendären Champagnerhauses Joseph Perrier wurde 2019 rundum saniert und erweitert. Zusätzlich zum architektonischen Projekt, das vom Studio  Thiénot Architecture stammte, wurde auch das Beleuchtungskonzept revolutioniert: Wir sprachen mit dem Lichtdesigner und Verantwortlichen der Beleuchtungsplanung, Emeric Thiénot vom Paiser Studio Lumesens, über das ambitionierte Projekt.

 

Ginko 2.0, 3000K, 7W, 34°, anthrazit

Ginko 2.0, 3000K, 7W, 34°, anthrazit Mehr über Projekt und Credits erfahren

Wie entstand das Beleuchtungsprojekt Perrier und wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber?

2005 wurde ein erster Entwurf erarbeitet, der aber in der Schublade liegen blieb. Erst Ende 2018 nahmen die Verantwortlichen von Joseph Perrier das Projekt wieder auf, diesmal mit großem Elan.
Ziel war es, eine durchgängige Beleuchtung für den Rundgang durch die Kellerei zu schaffen, dazu kamen das Beleuchtungskonzept für den Empfangsbereich, die Ausstellungsräume, den Saal für die Weinproben und die vollständige Sanierung des Hofs, wo ein Gebäude abgerissen und dafür 2 Parkplätze und neue Büroräume errichtet wurden.

 

Welche Anforderungen hatte der Auftraggeber an das Projekt und wie haben Sie die Prioritäten festgelegt?

Der Auftraggeber hatte diverse Anforderungen an dieses Projekt:  Für die Beleuchtung der Büro- und Ausstellungsräume sowie des Außenbereichs entsprachen die Anforderungen den Standards;

für die Beleuchtung der Kellerei hingegen hatten wir freie Hand. Unser Ausgangspunkt war ein dunkles Kellergewölbe, das wir über die gesamte Länge sanft mit Licht durchflutet haben, als wäre es ein Felsspalt im Erdreich, durch den nach und nach die Lichtstrahlen fallen.
Bright 2.4, Sonderausführung mit Farbtemperatur 2200K, 5W, 13°x52°

Ein besonders kritischer Aspekt bei der direkten Beleuchtung der Flaschen war, die Eigenschaften des in den Weinkellern gelagerten Champagners nicht zu beeinflussen und einen „Lichtgeschmack” des Weins zu verhindern.

Durch die Einwirkung von Licht auf das Riboflavin des Weins kann eine chemische Reaktion ausgelöst werden, die ein Fehlaroma verursacht. Doch wir haben aus der Not eine Tugend gemacht und uns bei der direkten Beleuchtung der Weinflaschen für Lichtquellen mit einem Leuchtenlichtstrom von nur 595 nm entschieden.

Bei der Beleuchtung der Wege in der Kellerei und im Hof werden durch das Spiel mit verschiedenen Farbtemperaturen im Innen- und im Außenbereich ganz unterschiedliche Eindrücke hervorgerufen. Welches beleuchtungstechnische Konzept steht hinter diesen differenzierten Beleuchtungsarten?

Wir haben bewusst keine durchgängige Beleuchtung für die Räumlichkeiten gewählt. Beim Rundgang durchqueren die Besucher verschiedene Räume, vom Parkplatz geht es über den Hof, vom Empfang weiter durch die Ausstellungsräume und schließlich überschreitet man die Schwelle zum Herzstück: der Kellerei.

Dabei wollten wir für die Gäste eine einzigartige Erfahrung mit Erlebnischarakter schaffen. Beim Betreten der Räumlichkeiten ist es sehr dunkel und das Auge des Besuchers muss sich erst an die Dunkelheit gewöhnen. Die ersten 50 Meter wird er von einer warmweichen Lichtlinie zum Hauptweg geleitet. Dort angelangt, hat sich das Auge bereits ans Halbdunkel gewöhnt und der Besucher ist bereit, seine Erkundungstour durch das Kellergewölbe anzutreten.

 

Im Projekt kamen einige Sonderanfertigungen von Leuchten aus dem Hause L&L zum Einsatz. Könnte man sagen, dass diese maßgeschneiderten Lösungen der Schlüssel für die unkonventionelle Lichtsprache waren, die auch eine der Stärken des Projekts darstellt?

Emeric Thiénot

Unsere Aufgabe als Lighting Designer besteht darin, Licht- und Schattenräume zu konzipieren und die technischen Mittel zu finden, um sie erlebbar zu machen.

Wir versuchen dabei, das Produktspektrum der Leuchtenhersteller so gut wie möglich auszuschöpfen, aber oft sind wir gezwungen, bestehende Leuchten anzupassen – sei es durch zusätzliche Zubehörteile, sei es durch eine andere Optik oder Lichtquelle, um eine bestimmte Lichtwirkung zu erzielen. Manchmal müssen wir die Leuchte für einen bestimmten Anwendungsbereich richtiggehend umwandeln.

Die Wandlungsfähigkeit der Leuchten ist also nicht nur ein Mehrwert für das Projekt, sondern das A und O für ein erfolgreiches Lichtprojekt, das die Sprache der Besucher spricht.

Gab es Fragen oder Kritik an der Verwendung von Sonderanfertigungen für das Projekt? Wenn ja, wie haben Sie die kritischen Stimmen überzeugt?

Der Auftraggeber hatte Vertrauen die von uns vorgegebenen Parameter und sah die „Sonderwünsche” nicht als Risiko, sondern als Teil der normalen Arbeit von Lighting Designern. Natürlich haben wir unsere Vorstellungen im Laufe des Projekts durch Tests belegt, um den Auftraggeber zu überzeugen.

Besonders wichtig war in diesem Fall die Zuverlässigkeit der in Edelstahl AISI 316L gefertigten Leuchten, da sich die Luftfeuchtigkeit in Kombination mit der kalkhaltigen Bausubstanz oft negativ auf die Funktionstüchtigkeit von Leuchten auswirkt.

Ein weiterer wichtiger Aspekt für die erfolgreiche Umsetzung des Projekts war die Lichtfarbe 2200K.

Und auch die gestochen scharfen Optiken der Leuchten ermöglichten es uns, Lichtprojektionen zu erzeugen, die an „Reflexe auf dem Wasser“ oder „buntes Glas“ erinnern.

Bright 2.4, Sonderausführung mit Farbtemperatur 2200K, 5W, 13°x52°

Die in der Kellerei installierten Strahler des Modells Ginko 2.0 waren mit besonderen Zubehörteilen ausgestattet: einige Ginko 2.0 sind mit extraklarem Flachglas in Kombination mit einem Spezialfilter ausgestattet, der einen mehrfarbigen Lichtreflex an die Decke wirft. Die anderen Modelle von Ginko 2.0 beleuchten verschiedene Punkte der Kellerei mit einem monochromatischen Lichtreflex.

Könnten Sie das Material dieses speziellen Multicolorfilters und des monochromatischen Effektfilters für Lichtreflexe auf Wasser genauer beschreiben? Woher stammen all diese Ideen und wie lassen sich diese Effekte im Projekt deuten?  

Mir gefällt es, wie ein Handwerker mit dem Licht zu arbeiten. Die Sharp-Optik brachte mich auf die Idee, die Technik aufeinander geklebter Linsen anzuwenden, die ich zuvor bei Georges Hladiy erlernt hatte.

Ginko 2.0, 2700K, 7W, sharp 21°, Edelstahl, mit Spezialfilter im Blendring

Also integrierte ich farbige Glaseinsätze in die Strahler, um Lichtspiele zu erhalten, bei denen sich das Weißlicht und die Farben vermischen.

Dieses Konzept haben wir bei den Strahlern angewendet, die in den unterirdischen Stollen dieser Kellerei installiert wurden. Die Weinkeller befinden sich in einem 20 – 30 Meter langen Geflecht aus Kreidebrüchen, die in galloromanischen Zeiten unter diesen Hügeln angelegt wurden und eine perfekte Belüftung der Weinkeller ermöglichen. Die leichten Luftströmungen in diesen Kathedralen aus Kalk bringen einen Hauch von Außenwelt unter die Erde und wurden von uns durch Lichtströme nachgezeichnet. Das durch den Glasfilter gebrochene Licht erweckt den Anschein, dass nur gewisse Wellenlängen ihren Weg durch die Hügel unter die Erde gefunden haben.

Im zentralen Raum aus galloromanischen Zeiten wollte ich das Geheimnisvolle der Keller mit wellenförmigen Lichtreflexen eines unterirdischen Flusses auf den Gewölbedecken wiedergeben. So entstand die Idee der Lichtprojektionen, die an Reflexe auf dem Wasser erinnern.

Ich habe hochglanzpolierte Scheiben genommen und vorsätzlich verbeult. Gemeinsam mit unserem Top-Installateur David habe ich diese Scheiben dann mit Nylonfäden an die Ginko-Strahler mit Sharp-Optik gehängt, so dass sie mit den Luftströmungen mitschwingen können. Die Lichtreflexe symbolisieren also auch in diesem Fall Luft und Bewegung. Dieser Gegensatz von Flüchtigkeit und permanenter Installation gefällt mir sehr.

Ginko 2.0, 2700K, 7W, sharp 21°, Edelstahl, mit externem Reflektor
Mit diesen beiden Effekten haben wir versucht, Licht greifbar zu machen. Anstatt die Lichtstrahlen wie ein Leuchtenhersteller genau zu steuern, haben wir das Licht dekonstruiert, um seinen fragilen Charakter herauszustellen und ihm Stofflichkeit zu verleihen.

Das Projekt wurde kürzlich mit dem ACEtylene 2020 Interior Lighting Design Award ausgezeichnet, wir gratulieren Ihnen zu diesem Erfolg. Welche grundlegenden Eigenschaften muss denn ein gutes Beleuchtungsprojekt Ihrer Ansicht nach haben?                                                                                       

Vielen Dank. Um ein gutes Beleuchtungsprojekt in die Tat umzusetzen, braucht man einen guten Projektmanager mit einer klaren Vision, das ist unerlässlich. Außerdem braucht es ein gut eingespieltes Team, das den Auftrag abwickelt und gemeinsam mit dem Lighting Designer an Herausforderungen wächst und sich weiterentwickelt. Ebenso wichtig sind Hersteller, die den Projektplaner bei seinen Ideen unterstützen und Installateure, die sich das Projekt zu eigen machen. All diese Akteure bringen ihr Know-How ein und tragen damit zum Erfolg des Projekts bei.

In diesem Fall hatten wir großes Glück, denn bei diesem Projekt haben alle Faktoren und Mitwirkenden perfekt zusammengewirkt.

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